Wanderausstellung zur Ausleihe
Am 15. April 1945 wurde das rund 25 Kilometer nördlich von Celle liegende Konzentrationslager Bergen-Belsen durch Alliierte Truppen befreit. Dies hatte auch für Celle Folgen: Aus einer Gruppe überlebender polnischer Juden, die bei der Räumung des überfüllten und verseuchten Lagers von den Briten in die Celler Heidekaserne verlegt worden waren, bildete sich in enger Verbindung zum Jüdischen Zentralkomitee der britischen Zone im DP-Camp Bergen-Hohne eine Gemeinde, die bis Anfang der 1950er Jahre bestehen blieb. Mit zeitweise bis zu 500 Mitgliedern war sie die größte jüdische Gemeinde, die es in der Stadt je gegeben hat. Die Auswanderung der meisten beendete diese Episode in der Celler Nachkriegsgeschichte.
Unter der damaligen Leitung des Stadtarchivs Celle (Frau Sabine Maehnert) hat eine Arbeitsgruppe aus Anlass des Jahrestages der Befreiung von Bergen-Belsen eine Ausstellung erarbeitet. Die Arbeitsgruppe, die über ein Jahr Archivalien gesichtet, Zeitzeugeninterviews geführt und Kontakte zu Überlebenden oder ihren Nachkommen aufgenommen hat, bestand aus folgenden Personen:
- Sabine Maehnert (Stadtarchiv Celle)
- Prof. Dr. Herbert Obenaus u. Dr. Sibylle Obenaus (Hannover)
- Prof. Dr. Ralf Busch (Hamburg)
- Dr. Thomas Rahe (Gedenkstätte Bergen-Belsen)
- Rainer Voss (Kreisarchiv Celle)
- Joachim Piper (Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Celle e.V.)
Die Ausstellung dokumentiert einleitend, ausgehend von der Pogromnacht in Celle 1938, das Kriegsende in der Stadt und den schwierigen Neuanfang unter britischer Besatzung und fragt nach Rückkehrern aus der alten Celler Synagogengemeinde und den Umgang mit ihnen. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht der Versuch, das Leben der in der Stadt lebenden Fremden zu erfassen und ihre vielfältigen, auch konfliktreichen Beziehungen zur Celler Bevölkerung zu dokumentieren: Die Inbesitznahme von Wohnraum sowie der alten, erhalten gebliebenen Synagoge und der Gemeindehäuser Im Kreise 23 und 24, des Friedhofs und der Friedhofshalle, der Neubau einer Mikwe (Ritualbad) aus städtischen Mitteln, die Einrichtung einer Koscherschlachtung im städtischen Schlachthof, die Eröffnung jüdischer Gasthäuser und eines jüdischen Clubs. Neben dem orthodoxen Rabbiner Israel-Moshe Olewski, den polnischen Schächtern und Kantoren werden erstmals auch die wechselnden Vorstände des Celler Jüdischen Komitees vorgestellt. Jüdisches Alltagsleben in Celle dokumentieren die Feste und Hochzeiten und die Familiengründungen. Das Bemühen um eine berufliche Eingliederung und Geschäftsgründungen der jüdischen DPs sind ein Schwerpunkt der Ausstellung.
Am Ende stand allerdings dann die Auswanderung nach Israel, den USA, Großbritannien und Kanada, um nur die wichtigsten Auswanderungsziele zu nennen.
Durch die Nähe zu Bergen-Belsen kommt Celle für die jüdische Nachkriegsgeschichte eine besondere Bedeutung zu und verleiht dieser Ausstellung eine weit über das Lokale hinausgehende Dimension.