17.06.2021 - 12 Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Al...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 12
- Sitzung:
-
Sitzung des Rates der Stadt Celle
- Gremium:
- Rat der Stadt Celle
- Datum:
- Do., 17.06.2021
- Status:
- gemischt (Protokoll genehmigt)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage
- Federführend:
- 64 Umweltschutz
- Ziele:
- Erfüllung der Aufgaben als Oberzentrum; Schutz, Erhalt und Förderung der einheimischen Fauna und Flora einschließlich der Stadtforsten im Rahmen der fortlaufenden Pflege und Bewirtschaftung
- Beschluss:
- ungeändert beschlossen
Wortprotokoll
Der Ratsvorsitzende schlägt vor, die Tagesordnungspunkte 12 und 13 gemeinsam zu beraten und nach dem Abschluss der Aussprache diese Punkte einzeln abzustimmen. Aus dem Rat kommt dazu kein Widerspruch.
Ratsherr Dr. Hörstmann führt aus, dass es heute wieder einmal um die Frage gehe, ob die Stadt Celle über einen Teil seines Stadtgebietes sämtliche Einflussmöglichkeiten an das Land abgibt oder dies unterlässt. Die FDP und die UNABHÄNGIGEN lehnen dies aus grundsätzlichen Überlegungen ab, denn man verbaue Änderungsmöglichkeiten für die zukünftigen Generationen, die in Celle leben werden. Dies werde von der Mehrheit des Rates ohne Not in Kauf genommen, leider stehe in diesem Punkt Ideologie vor rationalem Denken und weitsichtigen Überlegungen. Man müsse kein Naturschutzgebiet in der Stadt ausweisen. Im Sinne zukünftiger Generationen sollen Mensch und Natur im Einklang sein. Dieses in der Vorlage vorgeschlagene Vorgehen halte man für unverantwortlich, könne man doch durch die Ausweisung eines Landschaftsschutzgebietes den rechtlich geforderten Vorgaben des Landes auf diesem Weg Genüge leisten. Zur Frage des Landschaftsschutzgebietes „Alleraue und Dünen bei Altencelle und Osterloh“ ist zu sagen, dass es beim Grünland bei den Typen A, B und C geblieben ist. Allerdings werde jetzt schon bei Typ B auf Biotope nach § 30 darauf hingewiesen, dass es Verordnungen geben könne, die zur Einschränkung der Bewirtschaftung führen können. Augenblicklich ist noch nichts zu lesen von möglichen, zusätzlichen Verordnungen, doch dies könne schnell zu Lasten der betroffenen Landwirte passieren. Hier möchte man ein Mitspracherecht der Anlieger der betreffenden Gebiete haben, wenn neue Verordnungen vorgesehen sind. Insgesamt beantrage man zum TOP 12 folgende Änderungen:
- In der Verordnung nach § 30 Biotope soll eine Änderung nur nach Rücksprache mit den betroffenen Anliegern möglich sein.
- Seite 3 der Anlage 2 zur Vorlage BV/0117/21 (Begründung zur Verordnung der Stadt Celle über das Landschaftsschutzgebiet „Alleraue und Dünen bei Altencelle und Osterloh" in der Stadt Celle): Die in der Abbildung Nr. 1 gekennzeichneten Bereiche, bei denen eine privatwirtschaftliche Beteiligung nachgewiesen werden kann, wird ein aktuelles existenzgefährdendes Gutachten erstellt.
- In § 3 Abs. 3 Nr. 14 b des Verordnungsentwurfs werden im letzten Satz die Worte „ökologischen Tierhaltung“ durch „artgerechten Tierhaltung“ ersetzt.
Bürgermeister Gevers hebt hervor, dass mit den beiden vorliegenden Verordnungen ein langer Diskussionsprozess in den Ortsräten und im Rat zu Ende gehe. Danach gibt er einen kurzen zeitlichen Rückblick auf die Entstehungsgeschichte der FFH-Gebiete, der Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen und der Natura 2000. Hauptziel sei es gewesen, die Erhaltung der biologischen Vielfalt zu fördern, wobei jedoch die wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und regionalen Anforderungen berücksichtigt werden sollen. Oftmals habe es bezüglich der in Rede stehenden NSG und LSG heftige Diskussionen gegeben. Heute sei man mit der Unterschutzstellung bis an den östlichsten Bereich Celles fortgeschritten. Man habe im Rat hartnäckige Forderungen gestellt, u. a. wurden dadurch auch Ausgleichsmaßnahmen für Teichwirte zugesagt (siehe Vertragsnaturschutz Entenfang). Die Betroffenen seien stets angehört worden und es konnten viele Bedenken genommen werden. Ob es immer gelungen ist, die Hauptziele der Richtlinie 92/43, nämlich die wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und regionalen Anforderungen zu erfüllen, werde vermutlich unterschiedlich bewertet. Mit den jetzt vorliegenden Verordnungen für ein LSG und ein NSG innerhalb eines Naturraumes (Alleraue und Dünen) sei es der Verwaltung beispielhaft gelungen, den Anforderungen zum Erhalt naturnaher Gebiete und die Möglichkeiten landwirtschaftlicher Nutzung miteinander zu verbinden. Er dankt der Verwaltung für die hervorragende Arbeit.
Ratsherr Biermann betont, dass ein LSG stets positiv zu bewerten sei. Doch die Landwirte seien damit unzufrieden. Warum müsse in Deutschland das EU-Recht immer umgesetzt werden, wenn andere Länder dies einfach ignorieren. Laut Stadtbaurat Kinder solle Deutschland als gutes Beispiel vorangehen. Er plädiere jedoch dafür, den fleißigen Bürger nicht weitere Lasten aufzubürden. Leider würden hier viele Idiotien und ideologische Aspekte mit ins Spiel gebracht. Die AfD-Fraktion lehnt beide Beschlussvorlagen ab, da die Bedürfnisse der Land- und Forstwirte nicht hinreichend berücksichtigt werden.
Beigeordnete Rodenwaldt-Blank erklärt, dass die Gruppe Zukunft Celle die notwendige Ausweisung von Schutzgebieten befürwortet, da der Mensch nicht im Einklang mit der Natur agiere. Doch die vorliegenden Vorlagen seien nicht ausreichend, d. h. sie würden einem Anspruch eines notwendigen und hinreichenden Handelns zur Rettung eines nachhaltigen Naturschutzes nicht genügen. Im November 2019 habe sich der Rat mit „Klima in Not“ für eine klimafreundliche und nachhaltige Kommune ausgesprochen. Die vorliegenden Verordnungen zum LSG und NSG würden zwar den Ausweisungen von Schutzgebieten gerecht werden (u. a. nach dem Erlass des Umweltministeriums vom 19.01.1995), aber eben nicht der Zielsetzung des § 26 BNatSchG. Da lebensnotwendige Zielsetzungen ganzheitlich in den Vorlagen fehlen würden, werde sie sich bei der Abstimmung - obwohl sie die notwendige Ausweisung von Schutzgebieten grundsätzlich begrüßt - enthalten.
Ratsfrau Schrader hebt hervor, dass in den letzten Jahren viel Positives bewirkt worden sei. Die Einwände, die gekommen sind, seien sachlich abgewogen und abgearbeitet worden. Sie hofft auf eine breite Mehrheit für die beiden vorliegenden Verordnungen.
Beigeordneter Wille merkt zu den Ausführungen des Ratsherrn Dr. Hörstmann an, dass dieser wohl mit den Betroffenen gar nicht geredet habe. Dagegen habe die CDU-Fraktion bereits vor eineinhalb Jahren angefangen, sich mit diesem komplexen und vielschichtigen Thema auseinanderzusetzen. Seit Anfang 2019 habe man mit den betroffenen Anliegern in Altencelle und Osterloh das Gespräch gesucht, um besser zu verstehen, wo durch künftige Auflagen Existenzen bedroht werden könnten und wie sich besonders schutzwürdige Areale darstellen und weiter geschützt werden können. Im Rahmen mehrerer Ortstermine usw. sei es gelungen, den direkten Austausch zwischen den Betroffenen, der Fachverwaltung und externen Sachverständigen herzustellen. Jetzt liege ein Ergebnis vor, das zum einen die wichtigsten Bedürfnisse der örtlichen Landwirte und Grundeigentümer berücksichtige und auf der anderen Seite den besonderen Schutzbedürfnissen der Natur umfänglich Rechnung trage. Er bedankt sich bei allen Akteuren und er freue sich über das gute Resultat für den Ortsteil Altencelle. Die CDU-Fraktion wird beiden Beschlussvorlagen zustimmen.
Ratsherr Pillibeit schließt sich den Ausführungen der Ratsherren Biermann und Dr. Hörstmann an. Es seien viele Einwendungen gekommen und hier zeige sich mal wieder eine überbordete Bürokratie. Die Landwirte hätten Existenzängste und sie kämen sich wie Bittsteller vor; er sehe hier einen massiven Eingriff in die Berufsfreiheit der Landwirte. Man brauche keinen Ökosozialismus. Die CDU und die GRÜNEN würde nicht mehr viel trennen und die CDU hätte viele Gruppen im Stich gelassen. Den Oberbürgermeister nehme er von seiner Kritik aus, dieser sei gut angekommen. Für die AfD-Fraktion stehe die/der Bürger/in im Mittelpunkt, nicht solch ein Bürokratiemonster.
Ratsherr Wilhelms weist darauf hin, dass die SPD-Fraktion beiden Vorlagen zustimmen werde. Heute hätten sich Ratsmitglieder dagegen ausgesprochen, die in den Sitzungen des zuständigen Fachausschusses gar nicht anwesend waren, an denen die Landwirte teilgenommen haben. Die Verwaltung habe viel Arbeit investiert, um die zahlreichen Einwendungen abzuarbeiten. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass es eine breite Zustimmung im Fachausschuss gegeben habe.
Ratsherr Müller erklärt, dass seine Fraktion zustimmen werde. Beide Vorlagen seien sehr umfassend und informativ.
Stadtbaurat Kinder stellt bezüglich der Aussagen des Ratsherrn Biermann klar, dass er seinerzeit gesagt habe, dass man als Teil der EU Vorbild sein müsse, wenn es darum geht, EU-Recht in nationales Recht umzuwandeln. Man sollte dem englischen Beispiel nicht folgen. Heute sei es bei vielen Wortbeiträgen um reine Ideologie gegangen, hier habe er die notwendige Differenziertheit vermisst, die er für die Verwaltung in Anspruch nimmt. Man habe intensiv mit allen Beteiligten gesprochen, deshalb seien in der letzten Fachausschusssitzung kaum noch Nachfragen von den Interessenverbänden usw. gekommen. Es sei stets um die Qualität der Biotope sowie von Flora und Fauna gegangen. Dieses Prinzip sei stringent durchgehalten worden, denn man brauche rechtssichere Verordnungen, die nicht angreifbar sind. Er bittet um Zustimmung, denn sonst drohe ein EU-Vertragsverletzungsverfahren, da sich die Umsetzung in nationales Recht verzögert habe. Die Frist endet am 30.06.2021, ansonsten könne es passieren, dass das Land die Sache an sich zieht. Bezüglich der von Ratsherrn Dr. Hörstmann genannten § 30 Biotope merkt er an, dass dies besonders geschützte Biotope nach dem Bundesnaturschutzgesetz sind, egal ob sie in einem LSG oder NSG liegen. Diese Biotope seien von der hiesigen Verordnung gar nicht betroffen. Die Erstellung von aktuellen existenzgefährdenden Gutachten sei nicht Aufgabe der Stadt. Hier müssten die Landwirte bzw. deren Interessenverbände einen entsprechenden Nachweis führen, dass durch die Verordnung existenzgefährdende Nachteile drohen, wovon er im Übrigen in keiner Weise ausgeht. Bezüglich der Formulierung „ökologische Tierhaltung“ merkt er an, dass auch die Verwaltung einen erweiterten ökologischen Ansatz habe; hier sehe er keine größeren Probleme bzw. keinen Änderungsbedarf in der Verordnung.
Nach dem Abschluss der Aussprache lässt der Ratsvorsitzende über die Änderungsanträge des Ratsherrn Dr. Hörstmann abstimmen:
- „In der Verordnung nach § 30 Biotope soll eine Änderung nur nach Rücksprache mit den betroffenen Anliegern möglich sein.“
Dieser Antrag wird mehrheitlich bei acht Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen abgelehnt.
- „Seite 3 der Anlage 2 zur Vorlage BV/0117/21 (Begründung zur Verordnung der Stadt Celle über das Landschaftsschutzgebiet „Alleraue und Dünen bei Altencelle und Osterloh" in der Stadt Celle): Die in der Abbildung Nr. 1 gekennzeichneten Bereiche, bei denen eine privatwirtschaftliche Beteiligung nachgewiesen werden kann, wird ein aktuelles existenzgefährdendes Gutachten erstellt.“
Dieser Antrag wird mehrheitlich bei sechs Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen abgelehnt.
- „In § 3 Abs. 3 Nr. 14 b des Verordnungsentwurfs werden im letzten Satz die Worte „ökologischen Tierhaltung“ durch „artgerechten Tierhaltung“ ersetzt.“
Dieser Antrag wird mehrheitlich bei sechs Ja-Stimmen und fünf Enthaltungen abgelehnt.
Danach beschließt der Rat mehrheitlich bei sieben Gegenstimmen und einer Enthaltung die Verordnung zur Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes (LSG) “Alleraue und Dünen bei Altencelle und Osterloh“ einschließlich der Verordnungskarten (Übersichts- und Detailkarte) sowie Begründung (Anlagen 2 bis 4) sowie die Kenntnisnahme, Berücksichtigung, Zurückweisung oder anderweitige Erledigung der im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange gemäß den in der anliegenden Tabelle (Anlage 5) unter Spalte 4 „Beschlussempfehlung“ aufgeführten Erledigungsvermerken.
Anlagen zur Vorlage
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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1
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(wie Dokument)
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545,8 kB
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2
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(wie Dokument)
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1.001,1 kB
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3
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(wie Dokument)
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1,3 MB
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4
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(wie Dokument)
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9,6 MB
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5
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(wie Dokument)
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1,4 MB
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