Das Werk
Trotz dieser Unterteilung des Œuvres in Stationen darf man natürlich nicht aus den Augen verlieren, dass es sich von der künstlerischen Leitlinie her zweifellos um ein homogenes, in sich schlüssiges, folgerichtiges und konsequentes Werk handelt.
Die verschiedenen Schaffensperioden dieses gewaltigen Werkes werden von der Stiftung kunstwissenschaftlich erarbeitet und in themenspezifischen Publikationen und Ausstellungen vorgestellt.
Werkanalyse
Die erste verbindliche künstlerische Station erreichte er in den 50er Jahren mit den „Leeren Bildern“, die in der Ausstellung „Eberhard Schlotter. Leere Bilder“ 2001 gezeigt wurden. Sie stellen die ersten Werke Schlotters mit einer vollkommen eigenen künstlerischen Handschrift dar. Mit ihrer klaren Formensprache erregten diese Bilder Aufsehen und waren erfolgreich. Sie werden heute zu den besten Arbeiten seines gesamten Schaffens gerechnet. Es handelt sich hierbei um schweigsame Stadt- und Strandlandschaften und zeitlose, rätselhafte Stilleben. Eigentlich müssten sie „menschenleere Bilder“ genannt werden, da der Mensch in diesen Bildern gänzlich fehlt.
1958 eröffnete Schlotter eine Auseinandersetzung mit der menschlichen Gestalt von nahezu zwanghafter Intensität. Dieser „Einzug des Menschen“ wird 2003 mit der Ausstellung „Die Metzgerfamilie“ dokumentiert
Seit den „Leeren Bildern“ scheint die real dargestellte Welt in Schlotters Werk von einem Hauch des Zweifels angerührt zu sein. Dieses lnfragestellen der Wirklichkeit wird bis weit in die 80er Jahre konsequent weitergetrieben. Unter dem Oberbegriff „Befragung der Realität“ werden Werkgruppen wie „Die Puppe“ oder „Der Zerrspiegel“ untersucht werden müssen. „Die Puppe“ thematisiert die menschliche Existenz in ihrer Ausweglosigkeit, während „Der Zerrspiegel“ malerische Reflexionen über Seelenzustände eines Menschen zuläßt. Aber auch Bewegungsempfindungen und Zeitabläufe lassen sich mit Hilfe des Zerrspiegels darstellen.
Anfang der 1990er Jahre arbeitete Schlotter an einer umfangreichen Serie von Bildern, die er unter dem Begriff „Abgesang“, von ihm „Abg(es)ang“ geschrieben, zusammenfasste. Es handelt sich um Werke in Mischtechnik und dunklen Farbtönen, die aus dem Bild gleitende Vasen, Amphoren, Urnen oder Schalen darstellen. Nichts stört die erhabene Ruhe dieser Gemälde. Die genannten Gegenstände sind in der Regel nur noch zur Hälfte zu erkennen, da sie im Begriff sind, durch einen imaginären Schlitz oder besser Schnitt zu verschwinden. Dem Betrachter wird schnell deutlich, dass hier das Thema Vergänglichkeit abgehandelt wird.
In der Mitte der 1990er Jahre erscheinen plötzlich, inspiriert durch Reisen nach Südamerika, hinreißend schöne „Neue Leere Bilder“. Durch ihre intensive Farbigkeit und auch Formensprache unterscheiden sie sich zwar von den klassischen „Leeren Bildern“, aber deren wunderbare Bildsprache, magisch und poetisch zugleich, wird wieder aufgenommen.
Es ist in jeder Hinsicht bereichernd, der Bild- und Geisteswelt Schlotters in ihrer Komplexität zu begegnen und sich mit ihr auseinanderzusetzen. Haben wir es doch hier mit einer Künstlerpersönlichkeit zu tun, deren kontinuierliche Auseinandersetzung mit Kunst, Literatur und Philosophie den Hintergrund für ein künstlerisches Universum bildet.
Literarische Einflüsse
Schlotter schuf auch zahlreiche Mappenwerke und bibliophile Ausgaben zu Texten von Giovanni Boccaccio, Bertold Brecht, Federico García Lorca, um nur einige zu nennen. Sie lassen das Werk Schlotters auch zu einer Herausforderung für den literarisch interessierten Menschen werden lassen.
In der Philosophie wurde Schlotters Geisteswelt stark durch die Gedanken und Erkenntnisse Arthur Schopenhauers beeinflusst. Tiefen Eindruck machten auf ihn auch die Schriften Sigmund Freuds.
Die geistige Basis sowie die kunstgeschichtliche Stellung von Eberhard Schlotters Gesamtwerk wird man nur, wie eingangs gesagt, schrittweise erforschen können. Der Anfang ist in der Celler Stiftung bereits gemacht worden...