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Die Baumaßnahme

Die baulich-funktionale Umwandlung eines so enorm großen Gebäudes von der historischen Kasernennutzung hin zum künftigen Verwaltungsgebäude bzw. Rathaus ist eine planerisch wie logistisch höchst aufwendige und komplexe Aufgabe.

Dazu ein kleiner statistischer Exkurs:

  • 700 Fenster, 400 Türen, 530 Heizkörper, 400 Sanitärobjekte und 10 000 qm Fußbodenbeläge wurden ausgebaut.
  • ca. 90.000 Backsteine, darunter 60 verschiedene Formsteine wurden ausgetauscht.
  • 200 km Kabel im Stark- und Schwachstrombereich und 85 km Kupferkabel für die Datenverarbeitung wurden verlegt.
  • 5.000 laufende Meter Stahlträger wurden verbaut.
  • zeitweise waren 20 Gewerke mit ca. 120-150 Handwerkern auf der Baustelle

Bauliche Struktur


Bild vergrößern: Umbaumaßnahmen: Fassadeneinschnitte Nordseite im Mai 1997
Umbaumaßnahmen: Fassadeneinschnitte Nordseite im Mai 1997
Die wichtigsten Veränderungen der Bausubstanz ergaben sich im Mittelteil, in den Seitenflügeln sowie an der Nordfassade in den Normalgeschossen und im Dachgeschoss. Alle Maßnahmen waren zuvor mit dem Institut für Denkmalpflege abgestimmt worden.

Im alten, ca. 6 m hohen Haupteingangsbereich wurden die ihn im Innern flankierenden Decken zwischen Souterrain und Erdgeschoß weggenommen: Eine neue repräsentative Halle entsteht, auch die in die Seitenflügel hinaufführenden Treppen wer­den so freigelegt. Das Mauerwerk des Mittelschiffs wird von seinen deckenden Farbschichten befreit, das so optisch wiedergewonnene Kreuzgewölbe erhalten, auch zieht es die sich gegenüberliegenden Eingänge Süd und Nord ordnend zusammen.

In der Halle finden sich gleichfalls, den Seitenflügeln sich symmetrisch zuwendende behindertengerechte Aufzüge.

In den Seitenflügeln wurde die Erschließungsform geändert, der einbündig angelegte Nordflur (ca. 2,20 m breit) wurde nach innen verlegt, vermindert so die Tiefe der nach Süden orientierten im Raster von 5,95 m stehenden Räume und erlaubt im Norden, nunmehr zweibündig, zusätzliche Warte-, Neben- und Büroräume.

Bild vergrößern: Abfangung für einen Fassadeneinschnitt im 3. Obergeschoss
Abfangung für einen Fassadeneinschnitt im 3. Obergeschoss

Für diese, in das bestehende bis zu 1,00 m dicke Ziegelmauerwerk "einschneidenden Maßnahmen" wurden Sägeblätter bis zu einem Durchmesser von 1,50 m verwendet. Um die nun nach innen gerückten neuen Erschließungsflure, auch die sonst unzureichend belichteten neu gewonnenen Funktionsbereiche im Norden mit Tageslicht zu versehen, wurde die Nordfassade an sechs Stellen und im Rapport des Großrasters über 3 Geschosse aufgeschnitten und, loggiaartig zurückgesetzt, verglast.


Funktionsbereiche

Der Mittelteil enthält die neugestaltete, erweiterte Eingangshalle, im 1. - 3. OG Büros des Oberbürgermeisters, der Dezernenten sowie Besprechungs- und Nebenräume. Im 4. OG (Dachgeschoss) befinden sich der große Sitzungssaal und eine kleine Küche mit Nebenräumen. Im Spitzboden darüber sind die Maschinenräume der Aufzüge eingebaut, hier ist auch die Mechanik der Fassadenuhren installiert.

Auch im Dachgeschoss finden sich, wegen der dort einbündigen Erschließung tiefere Terrasseneinschnitte zur Belichtung, aber auch als begehbare Außenflächen (ca. jeweils 25 qm). In den Gelenkzonen von Seiten- und Querflügeln befinden sich in den Normalgeschossen die notwendigen WC- und Nebenräume, außerdem ein zusätzliches Treppenhaus als vorgeschriebener Rettungsweg sowie ein Personen/Lastenaufzug und zusätzlich ein behindertengerechter Aufzug.

Die Seiten- und Querflügel enthalten im Regelfall Zellenbüros mit 1-3 Arbeitsplätzen und einer Fiächendisposition von 13-15 qm/Person; insgesamt finden im Hause ca. 420 Mitarbeiter Platz. Alle Büroräume sind natürlich belichtet und belüftet, lediglich das Rechenzentrum im Dachgeschoss ist klimatisiert.

Alle Sanitärräume sind entsprechend den Vorschriften der Arbeitsstättenrichtlinien dimensioniert und gestaltet; die notwendige Anzahl von Behinderten - WCs ist eingehalten. Für Besucher sind entsprechende Anlagen im Souterrain vorgesehen.
Fotokopierräume befinden sich an den Enden der Flure der Querflügel hinter verglasten Abtrennungen.

Im Dachgeschoss, unmittelbar neben dem Großen Sitzungssaal liegt eine Cafeteria mit 100 Sitzplätzen und 10 Plätzen an Stehtischen. Im gleichen Geschoss, im westlichen Querflügel, ist das Rechenzentrum eingerichtet; der hier not­wendig gewordene Doppelboden ergibt sich aus der Höhendifferenz zwischen Mittelbau und Seitenflügel des Dachgeschosses.

Denkmalschutz

Mit dem Institut für Denkmalpflege (IfD) wurden alle baulichen Maßnahmen des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes abgesprochen und abgestimmt. Im wesentlichen betrafen diese Abstimmungen die Einschnitte in der Nordfassade und im nördlichen Dachbereich sowie die umgestaltenden Planungen der Eingangshalle. Von existentieller gestalterischer Bedeutung für das Gebäude war die Entscheidung über Form und Aussehen der vielformatigen Fenster. Zur endgültig gefundenen Lösung sei aus einem Gutachten des Architekten Kozjak zitiert:

"Die neue Form der Fenster wäre auch durch die Funktionsänderung des Gebäudes gerechtfertigt. Die ehemals preußische Kaserne soll ein modernes, bürgernahes Verwaltungsgebäude werden. Die zukünftige Funktion des Gebäudes rechtfertigt es, die negativ besetzten Merkmale wie Hierarchie, Uniformität, Abgrenzung durch Elemente wie Lebendigkeit, Leichtigkeit, Vielfalt und Offenheit zu ersetzen. Die Elemente der ursprünglichen Fensterform sollen respektiert werden, es soll aber auch eine behutsame Eigenständigkeit ausgewiesen werden. Die neue Lösung muss die positiven Merkmale des Denkmals berücksichtigen: die filigrane Konstruktion, keine flächige Lösung der Fensterebene, die Proportionen der Fensterbereiche, die Respektierung der profilierten Laibungen."

Ausgehend von diesen Überlegungen wurde die folgende Fensterbauart gewählt: ein einflügeliges Dreh-Kipp­Fenster über einem feststehenden Unterlichtfenster und mit einem feststehenden Oberlicht. Eine vorgesetzte Stahlkonstruktion in T-Form betont die Vertikale und erzeugt die gewünschte filigrane Wirkung. Die festen Elemente sollen hellgrau gestrichen werden. Die Schlankheit der Elemente wurde mittels eines dunklen Anstrichs der beweglichen Teile (Flügel) betont.

Quelle: Dietmar Brandenburger (Architekt / Dipl.-Ing.; Hannover)