Stolpersteine für Familie Herzfeld - Schwicheldtstraße 19 A
Dr. Manfred Herzfeld
Jahrgang 1887
Flucht 1935 nach Palästina
Hedwig Herzfeld
Jahrgang 1891
Flucht 1933 nach Palästina
Eva Herzfeld
Jahrgang 1919
Flucht 1934 nach Palästina
Im Mai 1921 trat der Rechtsanwalt Dr. Manfred Herzfeld (geb. 1887) in die Kanzlei von Dr. Julius von der Wall, Mühlenstraße 25, ein. Die Kanzlei war eine der größten des Oberlandesgerichtsbezirks Celle und lange die einzige von jüdischen Anwälten betriebene in Celle. Herzfeld, seine Frau Hedwig (geb. 1891) und die Tochter Eva (geb. 1919) wohnten am heutigen Bahnhofsplatz bis sie Ende 1930 in das eigene neu gebaute Haus Schwicheldtstraße 19 A zogen.
Herzfeld war kein Mitglied der jüdischen Gemeinde in Celle und hatte auch kaum Kontakte zu ihr. Er zählte zudem zu einer Minderheit der organisierten Juden in Deutschland, die der „Zionistischen Vereinigung für Deutschland“ angehörte.
Die im April 1933 einsetzende Boykottkampagne gegen jüdische Rechtsanwälte wirkte sich drastisch auf die wirtschaftliche Situation der Kanzlei aus, die deshalb in Herzfelds Wohnung in der Schwicheldtstraße verlegt werden musste.
Die am Ort und im Bezirk wohnenden Klienten wagten es nicht mehr, jüdische Anwälte zu besuchen; die jüdischen Anwälte im Oberlandesgerichtsbezirk hatten entweder ihre Praxis aufgeben müssen oder diese war so verkleinert, dass sie kaum noch Sachen für das Oberlandesgericht abgeben konnten. Bereits Ende 1933 war die Praxis nahezu vollständig zum Erliegen gekommen.
So beschrieb Herzfeld in seinem Wiedergutmachungsverfahren die Situation der Kanzlei. Staatlichen Maßnahmen, die darauf zielten, jüdischen Rechtsanwälten die Zulassung zu entziehen, entging Herzfeld aber, da er unter die so genannte Frontkämpferregelung fiel.
Im August 1935 hatte Herzfeld in Hannover eine Auseinandersetzung mit SA-Leuten, die ihn am Betreten eines von einem jüdischen Inhaber geführten Zigarrenladens hindern wollten. Seine Frau und seine Tochter waren bereits nach Palästina emigriert, und nun verließ auch er „fluchtartig“ Celle in Richtung Jerusalem. Dort arbeitete Herzfeld als Versicherungskassierer, unterstützt von seinem in New York lebenden Bruder Arnold.
Beim Novemberpogrom 1938 wurden Kanzlei und Wohnung in der Schwicheldtstraße verwüstet, obwohl sie mittlerweile leer standen.
In der Gedichtsammlung „Gruß an Deutschland. Eine Abrechnung in Versen“, erschienen 1947 in Jerusalem, setzte sich Herzfeld mit den nationalsozialistischen Verbrechen auseinander.
1950 erhielt Herzfeld das Angebot, als Anwalt in Wiedergutmachungssachen für die Jewish Restitution Successor Organization (JRSO) zu arbeiten und kehrte nach Deutschland zurück. Ab 1956 wirkte er als freier Rechtsanwalt vor allem für die United Restitution Or-ganization (URO). Regelmäßig schrieb er auch für die Zeitschrift „Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht“.
Manfred Herzfeld starb 1968, seine Frau Hedwig 1972.
Vergeltung.
Sie haben Millionen erschossen und vergast,
Sie haben – wilde Bestien – gebrandschatzt und gerast;
Sie haben ihre Opfer geschändet und gequält,
Sie haben Henkersknechte zu Führern sich erwählt.
Sie haben Menschenwürde und Menschenrecht verlacht,
Sie haben sich zum Götzen des eigenen Wahns gemacht;
Sie haben schon die Kinder auf Raub und Mord gedrillt,
Sie haben tief erniedrigt der Menschheit edles Bild.
Nun winseln sie um Gnade, nun betteln sie um Brot,
Nun wollen sie Euch ködern mit ihrer grossen Not.
Sie haben keine Regung des Herzens je gespürt –
Und Ihr seid durch ihr Flennen gewandelt und gerührt?!
Denkt an der Ungezählten schuldlosen Untergang
Und sprechet zu den Mördern ohn’ Umschweif, frei und frank
“Ihr seid zu tief gesunken,
Zu blutig war das Leid!
Ihr wart zu siegestrunken,
Zu qualvoll war die Zeit!
Ihr wart zu tief verdorben
Von Hass und Schlechtigkeit –
Das Mitleid ist gestorben,
Nun gilt: Gerechtigkeit!!"